Großmeister Zhang Xiang Wu

Zhang Xiang Wu (1873-1959)

Artikel von Li Suiyin über seinen Lehrer Zhang Xiang Wu:

„Herr Zhang Xiang Wu (auch unter dem Namen Zhang Xian bekannt) wurde in Hebei geboren und war an der Nationalen Kampfkunstakademie in Nanjing als Vizepräsident für den Bereich Erziehung und Entwicklung verantwortlich. Er hatte bedeutenden Einfluss auf meine Entwicklung als Kampfkünstler. Zhang Xiang Wu und Huo Dian Ge (letztgenannter war in der späten Ming Dynastie der persönliche Lehrer von Kaiser Pu Yi), Ma Yingtu und Herr Liu Yun Qiao waren und sind international berühmte Bajiquan Vertreter. Sie waren alle stolz darauf direkte Schüler des ehrenwerten Großmeisters Li Shuwen (Beinamen „Der Speer Gott“) zu sein. Herr Zhang war stattliche 80 Jahre alt als er in die Stadt Xi’an kam. Sein beeindruckend hohes Niveau im Bajiquan Kung Fu gab ihm die kraftvollen und eleganten Bewegungen eines Tigers. Wenn er Bajiquan ausführte waren die Bewegungen klar und kraftvoll, gleichzeitig ohne Ansatzbewegung und explosiv. Es war als würde die gesamte Körperenergie auf einmal(Jin gang shen) frei gesetzt werden und jede Bewegung hatte enorme Kraft. Sein Formdurchlauf mit Heng- und Ha-Kampfschreien war wie eine Explosion nach der anderen, als würde eine Artillerie-Batterie feuern. Es war diese hohe und extreme Fertigkeit mit der er die Besonderheit von Bajiquan herausarbeitete.

Herr Zhang praktizierte auch Yang Stil Taijiquan (103 Bilder Form). Diese spezielle Taijiquan-Form wurde am Ende der Qing Dynastie vom Yang Stil Begründer Yang Lu Chan erschaffen, der in seinen letzten Lebensjahren öfter mit der Baguazhang Legende Dong Haichan gemeinsam trainierte. Als ein Ergebnis dieses gemeinsamen Trainings haben viele Bewegungen in der Form Bezeichnungen, die direkt aus dem Baguazhang entnommen wurden.

Zhang Xiangwu lernte diese Form von Wu Junshan, der wiederum diese Form direkt von Yang Lu Chan vermittelt bekommen hat. Als ich Zhang Xiangwu kennen lernte besaß er bereits ein sehr tiefes Verständnis von Taijiquan. Wenn er die Form trainierte bewegte er sich wie Wasser, sanft und fliessend wie edles Geschmeide. Er zeigte Ruhe in Bewegung und Bewegung in der Ruhe. Er hatte die Ruhe eines Berges und die sanften Bewegungen eines Flusses. Leer, entspannt, rund und lebendig, innen und aussen vereinigend, hatte er den Ort gefunden an dem der Mensch zwischen Erde und Himmel steht, beide verbindet und sie so zu einem Ganzen werden lässt.

Seine Fertigkeiten im push hands (Schiebende Hände – chinesisch Tui Shou) waren noch erstaunlicher. Seine Fähigkeit Energie zu hören und die Fertigkeiten einer anderen Person richtig einzuschätzen waren geradezu magisch. Er beherrschte die 13 Techniken, die 6 Kräfte, die zwei Methoden des Klebens und Anhaftens, den Wechsel von Yin und Yang, den Wechsel von Öffnen und Schließen und benutzte dieses Wissen auf natürliche und doch geheimnisvolle Art, so dass keine Absicht oder eine Form zu erkennen war.

Es wird die Geschichte berichtet, dass ein Taijiquan Übender aus Xi’an, der für seine sehr guten Push Hands Fertigkeiten bekannt war, auf einen Besuch zu Herrn Zhang kam, um dessen Fähigkeiten zu testen. Die beiden erhoben ihre Hände und Herr Zhang schien die „Ji“ (Drücken) Position einzunehmen. Der Besucher wollte sofort reagieren, indem er mit „An“ (Stoßen) reagierte, aber bevor er überhaupt reagieren konnte, fragte ihn Herr Zhang : “Was machen Sie da?“ und schleuderte ihn durch den Raum auf den Boden. Herrn Zhangs TuiShou Fertigkeiten bedeuteten, dass er mit Leere und Beweglichkeit reagierte und Bewegungen erwartete, wenn er ruhte. Er verkörperte das Prinzip „Der andere bewegt sich nicht, ich bewege mich nicht. Der andere bewegt sich, ich habe mich bewegt.“ Er war sanft und leicht, wenn er mit seinen Händen Energie abgab, fühlte es sich an, als würde man von einem Blitz getroffen werden. Er benutze extrem kleine Bewegungen um Trainingspartner eine große Entfernung durch die Luft zu schleudern. Er hatte ein unglaublich hohes Niveau in den TuiShou-Fertigkgeiten.

Herr Zhang lernte Baguazhang und Wudang Schwert (Wudang Jian) von Meister Song Weiyi, der Schüler von Bi Yuexia war (Ein Daoist des San Qing Tempels in Wuyi auf dem Berg Lu, der sich auf der Grenze zwischen Hubei und Sichuan befand). Der daoistische Bruder von Bi Yuexia war Bi Dengxia, der in An Wei im Jiu Hua Berg Tempel lebte und Dong Haichan als Schüler hatte. Somit waren Song Weiyi und Dong Haichuan auf einer Ebene in der Generationsfolge für Baguazhang. Die Lehrer der beiden Bi Yuexia und Bi Dengxia nahmen den gleichen klösterlichen Namen an um ihre
Bruderschaft im Dao zu zeigen. Zhang Xiangwus herausragende Fähigkeiten im Wudang Schwert waren das Ergebnis seiner direkten Unterweisung durch Song Weiyi. Zusammen mit seinem Neigong (innere Kraft), das sich bereits auf hohem Niveau befand, war er in der Lage das Schwert wie zu einer wirklichen Verlängerung seines Körpers zum machen. Wie Magie wirken seine natürlichen und anhaftenden Bewegungen mit dem Schwert, dass bei seinen Bewegungen in leichter und natürlicher Art, mal ausweitend und verkleinernd wirkte. Ihm beim Ausführen der Schwertform zuzuschauen war wundervoll.

Seine BaguaZhang Kenntnisse waren ebenfalls profund. Er hatte eine große und stämmige Statur, doch drehte und wendete er sich wie eine Schwalbe. Er haftete am Boden, wie Holz, dass auf Wasser schwimmt, und bewegte sich so elegant als wäre er auf einem hochoffiziellen Bankett. Bei seinen Bewegungen war er die leibhaftige Vereinigung von Yi (Vorstellung), Qi (Lebenskraft) und Shen (Herz). Meister Zhang hatte einen beträchtlichen Beitrag an der Entwicklung der chinesischen Kampfkunst. Er hat einen tiefen Eindruck auf mich hinterlassen. Sein Wirken ist ein Vorbild für zukünftige Forschungen und Entwicklungen in der Kampfkunst.“

Original-Artikel von Li Suiyin in der Ausgabe 2005.1 der Zeitschrift der Xi’an Wushu Association (als PDF hier mit persönlicher Widmung und Genehmigung der Veröffentlichung von Meister Li Suiyin)

Ich danke für die Übersetzung Chinesisch-Englisch: Mr. Omar Belove, Xian/USA und für die Übersetzung Englisch-Deutsch: Herrn Jan Leminsky, Hamburg

* ShiYe-Großvater-Lehrer, respektvolle Anrede des adoptierten Schülers, der Lehrer des Lehrers
**ShiFu-Vater-Lehrer, respektvolle Anrede des adoptierten Schülers für den Lehrer/Mentor